Das Gästezimmer

Mit angewinkelten Beinen saß die Gryffindor auf der Fensterbank und hatte ihren Blick auf die Stadt, die sich unter ihr erstreckte, gerichtet und versuchte dem regen Treiben zu folgen. Das war eine gute Ablenkung, zumindest so lang, wie man es schaffte, seine Gedanken im Zaun zu halten. Sie waren gestern bei einem Heiler gewesen und er hatte versucht, die Wange der Löwin zu heilen, was jedoch nicht so gut klappte, wie sie gehofft hatte. Er hat es versucht und die Schwellung ist ein kleines Stückchen zurück gegangen und das Blau ist auch verschwunden. Es tat aber noch weh. Zumindest konnte sie sich so wieder unter Menschen trauen. Sie hatte es sich schon fast gedacht - diese Verletzungen wurden irgendwie magisch an ihre Haut gebunden, sodass man sie nicht normal heilen konnte. Ganz am Anfang hat es Jazz mal versucht, hat jedoch nichts bewirkt. Der Gedanke an die ehemalige Ravenclaw war erschreckend schmerzhaft. Sie haben sich so lange nicht mehr gesehen und sie hatte, ehrlich gesagt, keine Ahnung, wo sie sich aufhalten könnte...

Die Deutsche hatte Enzio gestern gebeten da bleiben zu dürfen, hatte nicht nach Hause zurück gewollt. Der Heiler hatte ihre Verletzungen an den Armen heilen können und den Schnitt unter ihrem Auge, nur die Würgemale, welche den Strick kennzeichneten mit dem Mella sich versucht hatte aufzuhängen, waren nicht wegegangen. Etwas was ziemlich frustrierend gewesen war. Doch jetzt hatte Mella sich aus dem Bett gequält und stand vor der Tür des Gästezimmers nur um zaghaft anzuklopfen. Sie war gestern nicht gerade nett zu ihrer Freundin gewesen und das war mit Sicherheit nicht in Ordnung.

Total in Gedanken versuchen nahm sie das leichte Klopfen an ihrer Tür erstmal gar nicht wahr. Es dauerte etwas, bis sie registerierte, dass wahrscheinlich grade jemand auf ihr 'herein' wartete. "Ja?", fragte sie grade so laut, dass man es auch hinter der Tür hören konnte und wartete gespannt darauf, wer jetzt gleich das Gästezimmer betreten würde. Sie hat so viele Nächte hier schon übernachtet und so viele Tage hier verbracht, bald konnte man meinen, dass das hier ihr zweiter Wohnsitz wäre. Sie fühlte sich schon fast wie zu Hause. Das Zimmer war schön und hell eingerichtet und die Möbel waren auch gut gewählt. Dadurch dass es ein Gästezimmer war, sah es zwar etwas distanziert aus, doch das war normal... Jetzt richtete sie ihre Aufmerksamkeit wieder dem Menschen hinter ihrer Tür zu und wartete, dass er oder sie eintrat. Eigentlich konnte es nur Enzio oder jemand aus seiner Familie sein, oder Melanie. Bei dem Gedanken fuhr ihr ein Schauer über den Rücken. Sie hatten sich gestern nicht mehr unterhalten können, jedoch war die Spannung, die zwischen den beiden liegt, nicht zu übersehen und vielleicht war sie ja jetzt gekommen, um genau das zu klären.

Vorsichtig schob die Deutsche die Tür auf, betrat das Zimmer und schloss diese dann auch gleich wieder. "Hey", bemerkte Melanie dann leise und trat an das Bett ihrer Freundin heran, um sich dort auf die Bettkante zu setzen. Ein wenig unsicher musterte sie die Löwin. "Wie geht es dir?"

Es war wirklich ihre beste Freundin die nun das Zimmer betrat und sie vorsichtig musterte. Sie konnte es in ihren Augen sehen, es schien ihr ein wenig leid zu tun, doch war sie nicht der Überzeugung gewesen, sie hatte Recht? Manchmal verstand sie ihre Freundin nicht, doch vielleicht war es grade das, was sie so zusammen hielt, wer weiß. "Morgen", nuschelte sie vor sich hin und ließ sich langsam von der Fensterbank gleiten, nur um sich kurz danach ebenfalls auf das Bett zu setzten, welches Mella schon einen Teil beanspruchte. "Hmm.. Ganz gut denke ich. Und dir? Ist heute Nacht irgendetwas passiert?", sie erinnerte sich nur zu gut an ihre Erklärung, warum sie zu keinem Heiler wollte und ihr wurde schlagartig kalt. Wenn irgendetwas passieren würde, wenn niemand da war... Das wollte sie sich erst gar nicht vorstellen.

Mella kam nicht umhin sich ein wenig unwohl zu fühlen, aber das war vermutlich normal, immerhin hatte sie sich ziemlich zur Einzelgängerin entwickelt... "Ich weiß nicht. Ich denke gut. Nein", bemerkte sie leise und zupfte sich ein wenig nervös an ihrem Rock herum. Eine Weile breitete sich jetzt ein unangenehmes Schweigen aus und die Dunkelhaarige wusste es nicht recht zu brechen, so dass sie sich unsicher auf der Unterlippe herumbiss. "Ich bin 'ne ziemlich dumme Kuh, nicht?", bemerkte sie schlussendlich mit einem Seufzen und schaute auf, begegnete dem Blick ihrer besten Freundin.

Sie versuchte sich etwas zu entspannen, jedoch war das nicht grade einfach, schon gar nicht wenn sich so ein unangenehmes Schweigen zwischen den beiden ausbreitete. Sie haben sich jetzt 3 Wochen lang nicht gesehen und die Löwin musste zugeben, dass sie ihre Freundin wirklich vermisst hat. "Das bist und warst du schon immer, aber das wusste ich schon, als ich eine Freundschaft mit dir einging.. Ich bin manchmal selbst nicht besser. Jeder hat Seiten, die etwas blöd sind, aber deswegen ist man noch lange kein schlechter Mensch. Ich habe dich auch als blöde Kuh lieb", sagte sie und brachte sogar noch ein kleines Lächeln zustande. Jeder hat mal so Phasen, in denen man sagen könnte, dass er eine blöde Kuh war, jedoch bezog sich das dann immer nur auf eine bestimmte Situation. Das Lächeln auf ihren Lippen verschwand wieder, war es doch eigentlich ein recht ernstes Thema...

"Da bist du aber vermutlich auch die einzige", bemerkte Mella und erwiderte für wenige Sekunden das Lächeln, ehe sie sich rücklings auf das Bett fallen ließ und die Decke anschaute. "Es wird immer schlimmer. Ich hatte mir so vorgenommen jetzt wieder Alles richtig zu machen, dass wieder Alles so ein ganz klein bisschen wie früher wird, aber ich schaffe es einfach nicht. Das ist total der Scheißdreck" Ein weiteres Seufzen entkam ihren Lippen, während sie Tonks einen kurzen Blick zuwarf. "Ich habe mich nicht für umsonst die letzten Wochen von euch ferngehalten. ich meine, abgesehen davon, dass ich so schon ziemlich die Gefahr bin, passiert es immer öfter das ich ganz plötzlich total die Stimmungsumschwünge habe und das will ich euch nicht antun. Ich meine...du hast es gestern doch gesehen. Ich hatte Enzio gar nicht anmotzen wollen, aber...irgendwie konnte ich nicht anders und zwei Sekunden später war die ganze Wut wieder verpufft und das hat mir total Leid getan..." Die Tochter des ehemaligen deuschen Minister schüttelte resignierend den Kopf. "Ich fühl' mich wie nen dringender Fall für die Klapse"

Ihre braunen Augen waren auf die liegende Gestalt der ehemaligen Slytherin geheftet und ihr fehlten für einen Moment die Worte. Sie hatte Recht, gestern hat sie wirklich etwas übertrieben, aber sowas passierte nunmal. "Aber du bist in Gefahr und du kannst nicht alleine bleiben. Ich denke auch die sehen die alte Mella noch in dir und werden sich wegen kleinen Stimmungsschwankungen nicht von dir abwenden, auch wenn ich, ehrlich gesagt, sagen muss, dass es manchmal schon ganz schön anstrengend ist", murmelte sie und ließ sich ebenfalls nach hinten auf das Bett fallen und lag nun neben ihrer Freundin. Nachdem sie einige Momente die Decke gemusterte hatte, wand sie ihren Kopf zur Seite und schaute sie an. Ja, sie war immernoch die alte Mella. Die alte Mella die momentan einfach mit zu vielen Sachen fertig werden musste. Mehr nicht. "Jeder der dich kennt, weiß wie liebenswert du eigentlich bist und wird dir deine kleinen Ausrutcher mit Sicherheit verzeihen, jedoch kannst du nicht erwarten, dass wenn du jemanden wieder anfährst, dass dieser direkt danach noch die gute Laune wie vorher hat. Entschuldige dich dann einfach und lass ihn am besten in Ruhe, dann wird sich derjenige schonwieder beruhigen", das war wohl der beste Tipp, den sie ihrer Freundin geben konnte, was besseres fiel ihr dazu auch nicht ein.

"Aber außer dir und naja...Enzio vielleicht, ist da eben niemand mehr", meinte Melanie und wandte ihre grünen Augen ebenfalls auf die Gestalt ihrer Freundin. "Vermutlich hast du Recht, aber...du kennst mich doch. Ich will eigentlich gar nicht, dass ihr das so mitbekommt und schon gar nicht, dass ihr das abkriegt. Im Moment wäre es mir wirklich am Liebsten wenn ich mich irgendwo verkriechen könnte und nie wieder rauskommen würde" Sie stoppte für einen Moment und sowas wie Verzweiflung blitzte in ihren Augen auf. "Eigentlich will ich es doch einfach jedem Recht machen, aber irgendwie....geht das immer wieder schief" In der Tat funktionierte in letzter Zeit gar nichts mehr. Egal was sie anfasste es ging schief. Egal mit wem sie sprach, danach war derjenige meist total sauer. "Weißt du.... es ist nicht einfach, wenn man immer vor Augen hat, dass man nur noch 10 Monate zu leben hat" Das Tonks das noch gar nicht wusste, daran dachte die ehemalige Slytherin im Moment gar nicht.

Es war klar dass das nicht einfach ist, aber sie konnten es schließlich erstmal nicht ändern. "Es gibt mit Sicherheit noch mehr Menschen. Jeder mit dem du dich mal auf Hogwarts unterhalten hast, mochte dich. Du könntest ja einfach mal wieder zurückreisen um irgendwen zu besuchen und einen unbeschwerten Tag genießen", schlug sie ihrer Freundin vor und schloss einen Moment die Augen. Die Verzweiflung die in ihren Augen aufblitze war ihr nicht entgangen, aber sie wusste auch nicht so recht, was sie dazu sagen sollte. Es war schwer da irgendeine geeignete Lösung zu finden. Sie befand sich in einer wirklich dummen Situation... "Ja, ich kenne dich mittlerweile gut genug, zumindest sollte man das meinen. Ich weiß das du das eigentlich nicht böse meinst und ich weiß auch, dass dir es am besten gefallen würde, wenn du niemanden mit deinen Problemen in Verbindung bringen würdest, aber das geht nicht! Du brauchst Hilfe und momentan sind wir wohl die einzigen die etwas auf dich aufpassen können, dann nehm diese Hilfe einfach an und geb dein bestes, mit uns 'zusammen zu arbeiten'", versuchte sie weiter auf ihre Freundin einzureden, auch wenn sie wusste, dass sie es nie mit sich selbs ausmachen könnte, die Hilfe der anderen zu beanspruchen. Es war aber wirklich dumm von ihr, denn wenn sie versuchen würde, das alles alleine zu machen, würde sie sich vielleicht irgendwann serlber umbringen. "Mella! Ich und Enzio brauchen dich. Du kannst nicht einfach so alles alleine machen und wenn du uns halt mal anmaulst in einer deiner Stimmungsschwankungen, dann ist das eben so. Glaub mir, wir können damit leben, wenn wir wissen, dass du es nicht wirklich böse meinst... Eigentlich", irgendwie waren ihre Worte in sich widersprüchlich, aber das war jetzt auch egal. Jetzt hielt sie ersteinmal wieder ihren Mund und wartete auf die Antwort ihrer besten Freundin.

Melanie nickte. Natürlich hatte Tonks recht, das wusste sie auch, aber irgendwie war das gar nicht so einfach umzusetzen. "Ich erkenne mich selbst nicht wieder, Tonks", bemerkte Melanie schlussendlich nach einigen Momenten Schweigen, leise. "So war ich nie, das bin ich nicht und das macht mir Angst. Ich will mich nicht verändern. Ich war froh so zu sein wie ich bin" Ja, irgendwie war das für die Deutsche ziemlich beängstigend. Noch mehr, als dieser komische Fluch.

"Gib dir selber einfach etwas mehr Zeit, das wird bestimmt alles anders, wenn du diesen scheiß Fluch erstmal wieder los bist, dann hast du wieder mehr Zeit, dich auf andere Sachen zu konzentrieren, wie zum Beispiel auf deine Freunde oder deinen Charakter und deine Gedanken" Sie konnte sich wahrscheinlich nichteinmal ansatzweise vorstellen was in dem Kopf ihrer Freundin vorging und wenn sie ehrlich war, wollte sie das auch gar nicht. Das war mit Sicherheit unglaublich schwierig. "Es gibt immer mal so tiefe Phasen im Leben, wo alles schief läuft und man sich am liebsten nur in irgenein Mauseloch verkriechen möchte, aber das geht nicht. Du bist und warst auch schon immer eine starke Frau die auch diese tiefe Phase übersteht, auch wenn es vielleicht schwer ist. Du hast gute Freunde die dir dabei helfen werden!" Jetzt wusste sie auch nicht mehr genau, was sie dazu noch sagen sollte, also öffnete sie einfach ihre Augen, drehte den Kopf und sah ihre Freundin an.

"Ich wäre ohne dich so erledigt", meinte Melanie dann vollkommen ernst und ein lautloses Seufzen folgte, während die Deutsche sich wieder aufrichtete und sich einmal durch die dunklen Haare fuhr. Vielleicht hatte Tonks recht und sie würde wieder normal werden. Vielleicht war es besser sich eben nicht zu verkriechen und das zu schaffen. Immerhin hatte Mella auch ihren Vater und Andreas überlebt, auch wenn das irgendwie was ganz Anderes gewesen ist, doch sie würde das hier auch schaffen. Vielleicht würde die Todesserin den Fluch nicht überwinden können, aber sie würde die letzten 10 Monate die ihr dann blieben genießen und das Beste daraus machen. 10 Monate indenen sie Alles wieder gerade biegen könnte und indenen sie ihre Fehler zumindest Ansatzweise wieder würde gut machen können. Es half nichts, wenn Mella jetzt einen auf Emo machte. Sie sollte die Zeit viel lieber nutzen. Ja, Tonks hatte da gerade etwas angerührt, wofür Mella ihr unglaublich dankbar war. Ein Lächeln schlich sich auf ihre Lippen - schwach aber dennoch vorhanden und ein entschlossenes Funkeln trat in ihren Blick.

Bei den Worten ihrer Freundin musste sie leicht lächeln und es dauerte nicht lange, da kam in ihre Augen ein entschlossenes Funkeln, was die Gryffindor noch mehr lächeln ließ. Es war schön zu sehen, wie der allzu bekannte Kampfgeist ihrer Freundin wieder erweckt wurde und das alles nur durch ein paar Worte. Es war bewundernswert. Auch wenn Mella manchmal einen kleinen Anschub brauchte, war sie wohl die stärkst Frau die sie kannte. Nachdem was mit Andreas und ihrem Vater alles passiert war und dann mit Nicolai... Es tat wirklich gut zu sehen. "Freut mich zu hören", sagte sie grinsend und legte ihrer Freundin eine Hand auf die Schulter. Wenn sie alleine selbst daran glaubte, dass alles wieder gut werden würde, würde sie das auch schaffen. Der Glaube kann viele Dinge bewirken, auch wenn man es am Anfang nicht denkt.

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Die Gryffindor lag immernoch im Bett und sie hatte auch keine Lust aufzustehen. Ihr Bein tat weh und ihr linker Arm, woher genau das kam wusste sie nicht. Entweder sie hatte sich gestern beim Klettern verletzt, oder der Traummann war grade dagewesen, aber ehrlich gesagt war es ihr egal. Sie hatte keine Lust mehr sich hinter ihrer Angst zu verstecken, sie würden schon einen Weg finden, ihn zu stoppen, wenn nicht, würde sie aber wenistens würdevoll sterben. Das waren doch schonmal recht gute Aussichten. Langsam schob sie die Decke von ihrem Körper und stand auf, ging ins Bad und stellte sich unter kaltes Wasser.