Die Küche

Als Enzio in die Küche kam, lagen noch ein paar Stücke Ciabatta im Korb auf dem Küchentisch. Sie waren noch vom Frühstück übrig geblieben. Mit einer geschickten Handbewegung nahm sich der Ratsherrensohn ein Stück und ging in die kleine Küche um sich etwas Butter zu holen. Für ein großes, zweites Frühstück hatte er ohnehin keine Zeit und so fanden sich kurze Zeit später ein Teller mit dem Ciabatta und ein Glas Orangensaft auf dem Tisch. Ein Seufzen glitt über die Lippen des Italieners, als er sich setzte und auf die Masken auf der gegenüberliegenden Wand betrachtete und nach dem Stück Ciabatta griff. Wo waren die Tage geblieben, an denen noch die ganze Familie hier gefrühstückt hatte?

In ihren Gedanken versunken trat die Gryffindor in die Küche und schaute sich um. Zu ihrer Überraschung saß hier der Sohn des obersten Ratsherren und nahm scheinbar grade sein Frühstück zu sich. "Hey.. Wie gehts dir?", mit diesen Worten setzte sie sich ebenfalls an den Tisch und schenkte ihm ein leichtes Lächeln. Er sah nicht wirklich ausgeschlafen aus, er hatte wahrscheinlich wieder die Nacht zum Arbeiten oder sowas genutzt. Für einen Moment dachte sie daran, dass Mella vielleicht die Nacht bei ihm verbracht hatte, doch das schien ihr wirklich ziemlich absurd.

"Müde.", antwortete Enzio ehrlich und deutete auf den Stuhl neben sich. "Und bei dir? Hat der Trank heute Nacht gewirkt? Wie geht es deiner Wange?", erkundigte sich der Sohn des obersten Ratsherrn und vertilgte das inzwischen dritte Stück Ciabatta. Er hatte beschlossen gleich richtig zu essen, denn wer wusste schon, wann er das nächste Mal Zeit dafür fand. "Möchtest du auch etwas?"

Sie zuckte mit den Schultern und ließ ihren Blick einen Moment aus dem Fenster über die Stadt schweifen. Man konnte die Menschenmassen hören, wie sie sich aneinander über die großen Plätze drängten und versuchten, sich einen Weg drüber zu bahnen. Auf ihren Lippen lag ein leichtes Lächeln und sie wand sich wieder an den Italiener, der ihr gegenüber an dem Tisch saß. "Mir geht es soweit ganz gut. Meiner Wange ebenfalls, auch wenn sie noch etwas wehtut, so kann man doch nichts mehr sehen und das ist gut", erklärte sie ihm und nickte dann auf seine zweite Frage hin und nahm sich ein kleines Stück Ciabatta und biss herzhaft ein wenig davon ab. Es schmeckte gut, ziemlich frisch. Wäre sie einige Stunden eher gekommen, wäre es wahrscheinlich sogar noch warm gewesen.

"Bene. Das freut mich", entgegnete Enzio und warf dabei einen Blick auf die Uhr. "Wir sollten uns fertig machen.", erklärte der Italiener und stand auf um seinen Teller und sein leeres Glas wegzuräumen. "Ich habe in meinem Zimmer die passende Kleidung für uns. Immerhin müssen wir unserer Einladung gerecht werden. Ich verkleide mich als pater und du wirst dich als Nonne verkleiden müssen. Die zuständigen Namen stehen auf unseren Einladungen. Das Wichtigste ist, dass wir uns nicht selbst verraten dürfen.", erklärte der Ratsherrensohn weiter und verschwand kurz in der kleinen Küche um sein Geschirr neben die Spüle zu stellen. Als er wieder zurück kam, lag ein schwaches Lächeln auf seinen Lippen. "Ich hoffe du bist Bibelfest. Das könnte witzig werden."

Sie schenkte ihm ein kleines Lächeln und stand auf. Das hörte sich nicht so an, als würde sie dort in einem Kleid und einem edlen Smoking hingehen, nein, ganz im Gegenteil. Dabei hatte sie sich schon so auf sowas gefreut, aber naja. Dafür würden sie bestimmt heute Abend Romanov sehen und konnten sich sogar, wenn sie Glück hatten, erkundigen, wie es ihm dort in Russland geht. "Na dann. Ich glaube ich will gar nicht wissen was wir anziehen werden", sagte sie lachend und wartete eigentlich nur noch dadrauf, dass er aus der Tür trat und den Weg nach oben einschlug.